Anwendung der ICD 10 und der ICF
Eine Behinderung im Sinne von § 53 Absatz 1 SGB XII und § 2 Absatz 1 SGB IX liegt nur vor, wenn
1. ein vom alterstypischen abweichender Zustand besteht und dadurch verursacht die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist.
Diese Entscheidung kann der Sozialhilfeträger nur treffen, wenn er eine gesicherte Kenntnis
- der medizinischen Diagnosen,
- der gesundheitlichen Situation,
- der damit verbundenen Störungen von Körperstruktur, Funktions- und Fähigkeitsbereichen,
- der konkreten Einschränkung der Teilhabefähigkeit
- und der individuell maßgeblichen Kontextfaktoren besitzt.
Diagnosen sind dabei auf der Basis der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
herausgegebenen aktuellen Version der „Internationalen Klassifikation der Krankheiten“
(„International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems” – ICD 10) durch entsprechend vor- und weitergebildete Ärzte zu erheben und beschreiben, wobei häufig eine zuverlässige Befunderhebung nur durch Mediziner mit einschlägiger Facharztausbildung möglich sein wird. Anzugeben sind nicht nur die jeweiligen Kodierungen, sondern auch die zu diesen Klassifikationen gehörenden Krankheitsbezeichnungen.
Allein die Beeinträchtigung der Gesundheit führt aber noch nicht dazu, dass auch die Fähigkeit zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft beeinträchtigt ist. Ebenso beschreiben Krankheitsdiagnosen und Krankheitssymptome nicht das Ausmaß der Teilhabebeeinträchtigung, das gegebenenfalls als Folge einer Krankheit oder eines gesundheitlichen Problems entstanden ist. Sie lassen daher auch keinen Rückschluss auf den Umfang und die Art des hierdurch verursachten Bedarfs an Leistungen der Eingliederungshilfe zu.
Sowohl zur Klärung der Frage, ob die nachfragende Person wesentlich behindert ist, wie zur Bestimmung des bestehenden Rehabilitationsbedarfs sind daher Angaben erforderlich, die die Einschränkung der Teilhabefähigkeit beschreiben. Hierfür empfiehlt es sich, die „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“ („International Classification of Functioning, Disability and Health“ – ICF) der WHO anzuwenden. Die ICF kann nur angewandt werden, wenn eine Krankheit oder andere gesundheitliche Störung im Sinne der ICD 10 vorliegt.
Die ICF ermöglicht eine einheitliche Sprache für die Beschreibung von Behinderung. Behinderung wird dabei als negative Wechselwirkung zwischen einer Person mit einem Gesundheitsproblem (beschrieben mit der ICD 10) und den Gegebenheiten ihrer individuellen Umwelt beschrieben. Die ICF bilden auch die Ressourcen und Stärken einer Person mit einem gesundheitlichen Problem ab. Mit der Klassifikation der Umweltfaktoren ist es möglich, Förderfaktoren und/oder Barrieren zu beschreiben. Die Anwendung der ICF unterstützt die personenzentrierte Planung von Rehabilitationsprozessen und damit die passgenaue Gestaltung und Entwicklung von Hilfen und Angeboten der Eingliederungshilfe.