Beeinträchtigung/Gefährdungen durch die psychische Erkrankung

a) Antrieb (Depressivität, Selbstwertgefühl)

Der Antrieb kann z.B. durch „Schwunglosigkeit“, Niedergeschlagenheit, mangelndes Selbstwertgefühl gehemmt. Er kann aber auch übersteigert, mit innerer oder/und äußerer Unruhe, von Ideenflüchtigkeit getrieben sein. Sein gesteigertes bzw. überhöhtes Selbstwertgefühl führt zu Grenzüberschreitungen oder –verletzungen. Das Phänomen des „Nicht – Können – Wollens“ steht u.U. der aktiven Beteiligung im Wege.

b) Körpererleben

Es liegt ein herabgesetztes oder gesteigertes Körpererleben vor. Eindeutige somatische Befunde werden bagatellisiert, Schmerzen herabgesetzt wahrgenommen. Körperliche Missempfindungen „wandern“ durch den Körper, einzelne Körperteile werden besonders unangenehm oder schmerzhaft bzw. funktionseingeschränkt erlebt. Haptische Halluzinationen vermitteln Verlagerungen von inneren und äußeren Körperteilen oder Lähmungen von Körperteilen sowie andere Fehl- und Missempfindungen usw.

c) Angstsyndrome

Eine ängstliche Unsicherheit beeinträchtigt die Aktivität, führt zu zwanghaftem Verhalten und zu einer sichtbaren Selbstunsicherheit, u. U. werden Räume nur noch zaghaft unsicher oder gar nicht betreten, vermeintliche oder sichtbare Unsauberkeit führt zu Formen von Waschzwängen. Öffentliche und/oder allgemeine Verkehrsmittel werden nur unter enger Begleitung oder auch gar nicht genutzt. Mitmenschen werden gemieden bzw. nur umständlich angesprochen.

d) Realitätsbezug (halluzinatorisches Erleben)

Seine Vorstellungen über berufliches Fortkommen, Arbeit im allgemeinen stehen diametral zur eigenen Situation, zu den eigenen derzeitigen Ressourcen bzw. wirtschaftlichen Bedingungen und Profilanforderungen von Betrieben und/oder Unternehmen. Es werden Beziehungsebenen, Beziehungen im allgemeinen mit eigener Wirklichkeit gegenüber der vorhandenen Realität vertauscht. Irreale Eingebungen (z.B. akustische, visuelle, haptische Halluzinationen/Wahn) prägen den Realitätsbezug. Irreale Vorstellungen, wie ganz besonders herausgehobene Persönlichkeit zu sein, Besitzer/in von hohen Geldkonten, usw.

e) Abhängigkeit (Suchtverhalten)

Die personale Abhängigkeit schränkt seine Bewegungsfreiheit ein. Die zeitliche Einteilung des Tages richtet sich nach Personen aus, von denen er/sie abhängig ist. Andere Formen des Suchtverhaltens können Spielsucht, Alkohol- oder Drogensucht sein. Das persönliche Verhalten ist auf die Suchtbefriedigung ausgerichtet. Hierbei besteht auch die Gefahr der Beschaffungskriminalität oder Formen von promiskuitivem Verhalten. Eine zunehmende Unruhe kündigt u. U. einen sich einstellender Suchtdrang an. Ausreden, Ausflüchte sollen das Suchtverhalten leugnen. Selbstquälende Selbstvorwürfe beeinträchtigen die Stimmungslagen. Der/die betroffene Person ist Sklave seines/ihres Verlangen nach dem Suchtstoff.

f) emotionale Instabilität

Unterschiedliche Gefühlswallungen liegen dicht beieinander. Manchmal sind auch inadäquate Gefühlsregungen zu beobachten. Das gefühlsbetonte Verhalten ist nicht der augenblicklichen Situation entsprechend. Bei emotionaler Instabilität liegen „Weinen“ und „Lachen“ nah beieinander. Dieses Erleben prägt seine personale Aura. Es kann auch ein emotionales Unbeteiligtsein beobachtet werden (Emotionale Verflachung/Erstarrung, beeinträchtigte Schwingungsfähigkeit). Als weiteres Phänomen kann die stabile Instabilität sein. (ausgeprägte Zerrissenheit, nicht wissen, wie man sich entscheiden soll.)

g) Gedächtnis/Orientierung

Beeinträchtigungen in der Belastbarkeit und im Durchhaltevermögen, z.B. in der Informationsverarbeitung, in der angemessenen Erledigung von Aufgaben. Bestimmte Anforderungen bei Tätigkeiten in der Arbeit- oder Beschäftigung werden als Belastung erlebt, Längeres Verbleiben müssen an Aufgaben od. ähnliches beeinflussen die Konzentration, führen zu Merkfähigkeitsstörungen etc.p.p.

h) Auffassung/Intelligenz

Nicht rechnen, nicht schreiben oder nicht lesen zu können, führt zu zusätzlichen Beeinträchtigungen vor allem im Hinblick auf die Teilhabe und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, am Leben in der Gemeinde, im Stadtteil. Darüber hinaus können durch Lernbehinderungen, Intelligenzminderung, Schwachbegabungen (Schulabschluss, folgerichtiges Denken, Schlussfolgern) zusätzliche Störungen entstehen, die sich auf das Verstehen und Begreifen/Verarbeiten von Informationen, von Zusammenhängen, Situationen, Gesprächen/Kommunikation i.w.S. aber auch auf die Erinnerung bzw. ihre Verwendung auswirken; in diesen Bereich gehört auch Kreativität etc. Einschränkungen von Kognitionen.

i) Sinnorientierung des Lebens

Möglichkeiten, sich zu orientieren und an frühere Sinnerfahrungen anzuknüpfen, im eigenen Leben eine Sinnorientierung wahrnehmen bzw. neu zu entwickeln oder zunehmender Sinnverlust. Sinn aus seiner Erkrankung, seines Wahnerlebens, seiner Halluzinationen zu holen. Sinn trotz Behinderung, in seinem Leben zu finden, Sich auf seine Fähigkeiten und Möglichkeiten besinnen (maßgeblich ist die Sicht des Psychiatrieerfahrenen und nicht die Sicht der Mitarbeiter/innen).

k) bei körperlicher Erkrankung/Behinderung

Das Angewiesensein auf die Nutzung von Rollstuhl, Prothese oder Gehhilfe, die Beeinträchtigung oder der Verlust von Gliedmaßen als Folge von Unfällen o.ä., Contergan-Schädigungen, Sprachbehinderungen (Stottern/Poltern), Organschädigungen, Teil-/Lähmungen oder andere somatische Erkrankungen wie z.B. Herz- und Kreislauferkrankungen, Erkrankungen der Atmungsorgane, neurologische Erkrankungen (Polyneuropathie), Diabetes, Chorea Huntington etc. können sich verstärkend auf schon vorhandene psychische Störungen auswirken und den Hilfebedarf vergrößern.

l) selbstgefährdendes Verhalten

Beeinträchtigungen, z.B. durch das Konfrontieren mit lebensbedrohlichen Situationen und/oder Selbstverletzungen. Rauchen+Kontrazeptiva+Bluthochdruck, Nichteinhalten von bestimmten gesundheitsfördernden Diäten, contraindiziertes Verhalten gegenüber somatischen Erkrankungen, akustische Beeinflussungen imperativen Charakters